Unser 5. und letzter Tag im Westen brach an, gerade jetzt wo wir uns in dem Häuschen richtig schön eingelebt hatten.
Um morgen nicht völlig ausgelaugt die Rückreise in den Süden antreten zu müssen, war ein ruhiger Tag angedacht. Einzig das Wikingerhaus ganz in der Nähe, war als fixes Ziel eingeplant. Die restliche Zeit wollten wir uns entlang des Fjords etwas umsehen.
Ab späteten Nachmittag stand ja bereists Koffer packen und das Haus aufzuräumen auf dem Plan. Für die beiden kommenden Nächte reicht uns, das Notwendigste griffbereit zu haben.
Die Geschichte vom Wasserfall, den wir bei der 59 bei einer anderen Tour gesehen haben, unterschlag ich euch – wir fanden keinen Weg zu ihm, so gibt es auch keine Fotos.
Also auf zum Eiriksstaðir - Viking Longhouse, Führung wurden ab 10:00 Uhr angeboten, wir sollten kurz vorher da sein.
So waren wir dann auch die ersten Besucher, was wirklich großartig war, da uns so eine Exklusiv-Führung zu Teil wurde.
Wir konnten uns so mit der jungen Isländerin fast 30min unterhalten. Hauptberuflich ist sie Musiklehrerin und hilft im Sommer hier am Wikingerhaus mit aus.
Gerade das sind die Momente, wo man mehr über Land und Leute erfährt, als in irgendwelchen Reiseführern steht. Sie hatte uns bisschen was über ihre Kindheit und die Arbeit am Bauernhof erzählt, auf dem sie aufgewachsen ist. Natürlich gab es auch Wissenswerte über das Leben der Wikinger inkl. Anproben einer Helmnachbildung mit Bewaffnung.
Der Helm war sehr schwer und unbequem, das Schwert allerdings deutlich leichter als erwartet. Mich zieht es eher weniger in Museen wie meine Frau, aber hier hat sich der Eintritt doch wirklich gelohnt
Nach diesem gelungenen Start in den Tag, fuhren wir zurück zum Ende des Fjords. In die Region, wo Krosshólaborg lag.
Auf dem Weg dorthin, sahen wir bei einem Zulauf einen kleineren Wasserfall, in dessen Nähe parkte ein weißer SUV. Wir waren uns einig, da halten wir am Rückweg nochmal an, vielleicht ist bis dahin auch niemand mehr da – dazu gibt es später noch eine eher unerwartete Geschichte zum Schmunzeln.
Als wir an der Kreuzung zur 590 hielten, viel uns eine Tafel auf, die wir zuletzt gar nicht gesehen haben – The Saga Circle. Das fanden wir beide spannend und so entschieden wir uns spontan, die Umrundung der Halbinsel mit etwa 100km zumindest zu beginnen.
Ob wir sie dann vollständig machen würden, ließen wir uns offen – umkehren war ja jederzeit eine Option.
Die einzigen benannten Ziele auf der gesamten Route waren zwei Kirchen. Eigentlich drei, die eine habe ich aber erst entdeckt, als wir schon wieder zu Hause in Deutschland die Reise aufgearbeitet haben. Und bei der Staðarhólskirkja waren wir ja bereits. Es blieb also nur die Hjarðarholtskirkja. Die Kirche ist zwar bei Google Maps eingezeichnet, aber bis jetzt ohne Bilder - das weckte den Entdeckergeist.
Als wir uns dem Standort der Kirche auf der Karte näherten, gab es aber keine Kirche zu sehen, einzig ein Friedhof lag in Sichtweite.
Ich mutmaßte, dass könnte der Grund für die fehlenden Bilder sein und so statteten wir den Friedhof einen Besuch ab.
Es war kein großer Friedhof, geschätzt vielleicht 20 Gräber, obwohl weit und breit keine Siedlung in der Nähe war.
An dem Zustand der Gräber konnte man gut erkennen, dass die Isländer einen anderen Bezug zum Andenken ihre Verstorbenen haben wie wir z.B. in Deutschland und wir finden das in keinsterweise negativ. Wie man auf den Bildern sehen kann, sind bereits aus etlichen Gräbern schon große Bäume gewachsen.
Für einen deutschen Friedhof, der noch aktiv betrieben wird, undenkbar.
Das frischeste Grab, das wir entdecken konnten, war aus dem Jahr 2021. Dazu wurden die Büsche an der Friedhofsmauer vor gar nicht langer Zeit erst geschnitten. Es deutet also vieles darauf hin, dass es sich um einen weiterhin genutzten Friedhof handelt.
Was uns aber viel mehr erstaunt hat, waren die erreichten Lebensjahre einiger der Verstorbenen. Wir haben 5 Gräber entdeckt, wo die Person um die 1850 geboren wurden und dennoch ein hohes Alter von über 90 Jahre erreichte.
Wir fanden das hohe Alter äußerst bemerkenswert, da die Region auch heute nur sehr karg besiedelt ist. Wenn man das auf die Mitte das 19. Jahrhundert überträgt, ist anzunehmen das die Bewohner sich wohl weitestgehend selbst versorgt haben und sich die medizinische Hilfe wohl auf die einfachen Hausmittel beschränkten.
Als wir dann weiterfuhren, tauchte wenige hundert Meter danach auch die eigentliche erwartete Kirche auf. Sie war durch einen Hang so verdeckt, dass wir sie vorher nicht gesehen hatten.
Bei der Kirche stand ein großes mehrstöckiges Nebengebäude, dass man eher in einer großen Stadt vermuten würde. Mit der Großküche im Erdgeschoss, könnte man viele Menschen versorgen und in den Stockwerken unterbringen.
Vielleicht ein Art Seminar-Zentrum, leider gab es keinerlei Hinweise auf den Zweck der ganzen Anlage mit noch weiteren Nebengebäuden.
Die Isländer überraschen einen immer wieder aufs Neue.
Was man an vielen Orten auf Island findet, sind von Menschen errichtet Steinhaufen. Der ursprüngliche Zweck war überwiegend als Wegmarkierungen.
Damit sind aber nicht sogenannte Steinmännchen gemeint, die bevorzugt von Touristen aus den verschiedensten Gründen erbaut werden. Die Isländer sehen das allerdings nicht so gern, weil es das Landschaftsbild verändert.
Am Laufskálavarða im Süden Islands, soll man allerdings ohne Problem zu bekommen, sein Steinmännchen bauen dürfen.
Von den Steinhaufen weiter zu den Ufern voller Vögel. Das Trompeten der Schwäne am Ufer war so laut, wir konnten es bei etwas offenem Fenster schon von weiten hören.
Bei einem Stopp am westlichsten Fuß des Klofningsfjall, hatten wir von einer Anhöhe nochmal einen weiten Blick über die Küstenabschnitte der 590.
Der weitere Küstenabschnitt war dann sehr unangenehm zu fahren. Der vorher lose, aber dennoch griffige Untergrund, ging nahtlos über in eine nasse schmierige Straße.
Auf der Seite zum Meer mit steilen Abhängen, gab es natürlich nicht mal Leitplanken, und das in einem im fast menschenleeren Gebiet.
In solchen Momenten, trotz der vielen Kilometern auf Island, waren die Hände dann doch das erstmal etwas schwitzig. Wir haben dann deutlich Tempo rausgenommen und die Straße für uns in eine Tempo 30-Zone verwandelt.
Bei Tindar (was auch immer das sein mag) gab es noch eine kleinen, aber schönen Wasserfall zu bestaunen.
Obwohl wir in den zwei Wochen bereits unzählige unterschiedliche gesehen hatten, die Faszination ließ einfach nicht nach.
Um aber unbeschadet hinzukommen, mussten wir erst auf der Wiese vor dem Wasserfall, die Tretminen der Schafe umgehen.
Ein paar Kilometer später hatten wir dann auch endlich wieder festen fahrbaren Untergrund.
Als wir dann noch bei der Staðarhólskirkja vorbeikamen, konnten wir uns sogar wieder ohne Karte orientieren.
Wir hatten den Saga Circle also doch ganz umrundet und machten uns zu dem vorgemerkten Wasserfall vom Beginn der Tour.
Merkwürdigerweise stand da immer noch der weiße SUV, auf einem sehr schmalen und unebenen Feldweg. Wir nahmen deswegen schon mal an, dass es sich nicht um Touristen handelte, sondern um Isländer. Zumindest hatten wir kein Schild gesehen, dass es sich um Privatbesitz handelte.
Natürlich wollten wir niemanden belästigen.
Wir drehten also erstmal um und stellten dann unser Auto so ab, damit es den Weg nicht blockierte. Dann machten wir uns auf den Weg in Richtung Wasserfall, vorbei an dem SUV. Dabei sahen wir, dass auf dem Beifahrersitz eine Frau saß.
Am Fluss unterhalb des Wasserfalls, stellten wir beim Versuch ihn zu überqueren, schnell fest, dass an der seichtesten Stelle das Wasser dennoch mindestens knietief war. Eindeutig zu tief für die Wanderstiefel. Dabei sahen wir von weiten einen Mann am Wasserfall, der eine Angel auswarf.
So war leider kein Rankommen an den Wasserfall und da fragen nichts kostet, kamen wir mit der Frau im SUV ins Gespräch. Sie war mit ihrem Mann hier zum Angeln, sie kommen aus Akranes, was ca. 90min entfernt liegt. Sie kommen hier her, weil sie hier in der Nähe aufgewachsen sind und ihr Mann ist bereits den ganzen Tag am Wasserfall angeln und hat schon einen einzigen Fisch gefangen. Sie blieben wohl noch bis in die späten Abendstunden.
Wir waren natürlich neugierig, was sie denn den ganzen Tag tue, während ihr Mann angelte? Als gäbe es nichts Selbstverständlicheres, erzählte sie uns, dass sie ja ihr Smartphone dabeihabe. Da werde ich beim Warten im Auto nicht wirklich langweilig. Auch wenn wir wohl die wahren Beweggründe für so viel Geduld nie erfahren werden, wir fanden das im positiven Sinne zum Schmunzeln.
Wir haben dann noch etwas geplaudert, weil ihr Sohn eine Zeitlang auch mal in Deutschland studierte, und zum Abschluss wünschten wir ihnen noch einen guten Fang – allein dem Wasserfall kamen wir leider nicht mehr näher, aber konnten doch diese nette Anekdote als Erinnerung mitnehmen.
Und wenn es gerade mal keine Landschaft zu bestaunen gibt, sorgen die Schafe für etwas Unterhaltung...
Nun mussten wir uns doch etwas sputen, für die noch anstehenden Aufräumarbeiten im Haus. Deswegen galt unser letzter Stopp nur noch einer weiteren Kirche kurz vor Búðardalur - auch wieder ohne Fotos bei Google Maps.
Das galt es noch zu ändern und wir waren erstaunt, dass es sich bei der Hjarðarholtskirkja um eine so besondere Kirche handelt. In diesem Baustil gibt es nämlich nur eine weitere auf ganz Island.
Diese steht im Norden in Húsavík und ist ein sehr bekanntes Fotomotiv.
Nachdem wir alles gepackt hatten, neigte sich der Tag dann doch schon wieder dem Ende, und der Westen Islands verabschiedete sich von uns mit einem wunderschönen Sonnenuntergang.
Wir sind uns einig, dass wir mit ziemlicher Sicherheit nochmal wieder kommen werden.
In dieser einen Woche konnten wir nur eine Burchteil dessen sehen, was der Westen bereit hält.
Aber für diese Reise heißt es nun zum letzten mal: Gute Nacht Búðardalur!